Die Frage:
„Wir haben uns auseinandergelebt und ich weiß nicht, ob es richtig ist, diese Beziehung nun fortzusetzen. Die Luft ist schon seit einigen Jahren raus, wir unternehmen nichts mehr gemeinsam, haben wenig gemeinsame Interessen. Jeder geht seinen Weg, hat sich seinen Freundeskreis aufgebaut und die erotische Anziehungskraft ist auch völlig verloren gegangen. Was kann ich tun, um sie wieder zurückzugewinnen? Oder soll ich aufgeben? Vielleicht entdeckt sie ja auch ihre Liebe neu, wenn ich mit der Trennung drohe. Das wäre ganz wunderbar. Kannst Du mir einen Tipp geben?“

Marcs Antwort:
Ein viel diskutiertes Thema der Menschen ist die Frage, ob die Liebe wiederkommen kann, wenn sie gestorben ist, wenn der Alltag in der Beziehung übernommen hat und Du das Gefühl hast, die Beziehung nur noch auszuhalten und auf den Tod zu warten. Ich erinnere mich, dass diese Frage schon zu unserem Gesprächsstoff gehörte, als ich noch in der Pubertät war. Ich habe das damals schon kritisch gesehen und bin auch weiterhin skeptisch, darf allerdings hinzufügen, dass es wohl unterschiedliche Menschen gibt. Einige Menschen können einfach alles verzeihen, sie sind sauer, enttäuscht, vielleicht sogar wütend auf den Partner oder die Partnerin, haben alle positiven Gefühle verloren und sind bestenfalls neutral gegenüber dem Partner. So einen Fall habe ich im Sommer im Seminar gehabt, wo es um diese Frage ging. „Kann ich meinem Partner wieder ganz vertrauen, auch wenn er mich sehr enttäuscht hat? Kann ich meine Wut überwinden?“

Es ist gut zu verzeihen, das darf wohl jeder von uns lernen und gehört zu den wichtigen Erfahrungen eines Menschen dazu. Je größer das Thema ist, das verziehen werden soll, um so wichtiger ist diese Fähigkeit. Und ob Du alles verzeihen solltest, was jemand anders tut, das ist ja nicht dasselbe. Doch zu verzeihen ist nur die eine Seite, sozusagen der gegebenenfalls erste Schritt, damit Liebe wieder möglich würde. Es könnte ja auch sein, dass die Menschen, die daran glauben, dass eine tote Liebe wieder auferstehen, wieder entstehen kann, einfach nur so wenig Liebe empfinden, dass es ihnen praktisch egal ist, was der andere macht und wie er sich verhält. Meinen die das dann damit, wenn sie sagen, dass die Liebe wiederkommen kann?

Jedenfalls glaube ich, dass Liebe auch sterben kann auf unterschiedliche Art und Weise und aus verschiedenen Gründen, die es dann unmöglich machen, den anderen nochmal wirklich zu lieben. Der Bruch ist dann so klar und so endgültig, dass es einfach vorbei ist. Vielleicht ist die Liebe nur eingeschlafen oder die beiden haben sich so lange aneinander gerächt, dass einfach jedes gute Gefühl gestorben ist. Ist nicht schlimm, Du kannst Dich wieder neu verlieben in einen anderen Menschen, der Dich vielleicht, hoffentlich, eventuell, ich drücke Dir die Daumen, doch wirklich nett und liebevoll zurückbehandelt. Vielleicht ist das Lieben eines anderen Menschen eine Fähigkeit, die wir Menschen genau so erlernen müssen wie alle anderen Fähigkeiten auch. Nur so eine These aus Marcs kleiner Welt. Wer das nie richtig gelernt hat, der kann es vielleicht nicht.

Ich bleibe naiv, wie ich nunmal bin, bei der Idee, dass es wirklich richtige Liebe gibt, dass es einen oder sogar mehrere wundervolle Menschen gibt, den oder die Du wirklich liebst und der oder die Dich wirklich liebt/en. Der muss dann nicht das ganze Leben bleiben, weil er oder sie vielleicht andere Pläne hat. Und doch glaube ich fest an die Liebe, daran, dass die Liebe alles heilen kann, dass sie unendlich schön ist, auch wenn Du sie verloren zu haben glaubst, sie wartet da draußen auf Dich. Ob das aufgewärmte Liebe ist, das glaube ich persönlich nicht. Ich mag auch aufgewärmtes Essen nicht so gerne, frisch ist einfach besser. Also gilt doch auch hier: Nicht festhalten, loslassen, was vorbei ist, nach vorne schauen, hoffen, glauben, vertrauen, dass da unter den fast 8 Milliarden Menschen noch einer dabei ist, der Dich wirklich liebt, wirklich nett zu Dir ist und mit dem Du gerne zusammenbist, weil Du ihn oder sie auch wirklich liebst.

Mir fiel dabei auf, dass ich genau weiß, wie es sich anfühlt, einen anderen Menschen zu lieben, wie mein Herz höher schlägt, wie ich Verständnis für das (zum Teil seltsame) Verhalten des anderen habe, wie ich nachgebe, mich zurückhalte, den anderen Menschen in den Mittelpunkt stelle. Und dann fragte ich mich heute morgen, ob ich mich selbst auch so liebe, ob ich für mich auch dieses warme, weiche, liebevolle Gefühl empfinde? Noch merke ich da einen Unterschied, der überwunden werden darf.

Vielleicht ist das Sterben der Liebe in einer Beziehung vielleicht für Dich der Hinweis, dass Du Dich selbst eben doch noch mehr lieben darfst. Die anderen, auch Deine Partnerin oder Dein Partner, werden das vielleicht nicht mögen, werden Dir Egoismus vorwerfen oder was auch immer tun, um Dich wieder dazu zu bringen, Dich ganz auf sie zu konzentrieren. Dann darfst Du ausbrechen und erst einmal lernen, Dich (wieder oder zum ersten Mal) in den Mittelpunkt zu stellen. Denn Du bist dieser eine, einzige Mensch, um den Du Dich Dein Leben lang kümmern darfst.

Alles Liebe!

Dein Marc