Ich liebe Bücher, um genau zu sein Sachbücher, die mich als Trainer und als Mensch voranbringen. Wir haben ja inzwischen in unserem neuen Trainingsraum eine Möglichkeit geschaffen, dass Du die Bücher zum Thema „persönliche Weiterentwicklung“, die Du gelesen hast und nun anderen Menschen weitergeben möchtest, einfach mitbringst. Das spült ganz viele neue Bücher auch in mein Leben, ob das die neuen Bücher von Christina sind, die ich hier schon vorgestellt habe, oder auch ganz andere Themen. Dieses Mal, passend zum Kommunikationstrainer und Kommunikationstrainer Advanced – beide Seminare stehen bald auf dem Programm – entdecke ich ein weiteres Buch zum Thema Metaphernarbeit. Da bin ich natürlich immer gleich Feuer und Flamme. Es beginnt gut, schöne Erklärungen zumindest für isomorphe Metaphern, ich hoffe schon auf den Teil über homomorphe Metaphern, der für mich wichtiger wäre.
Jedenfalls bin ich gemütlich alleine beim Frühstück, tauche tief ein in dieses Buch, voller Konzentration und wissbegierig, wie ich nun mal bin, und da wechselt der Autor mal kurz zu Virginia Satir, der bekannten Familientherapeutin, mit der Dr. Richard Bandler viel Zeit verbracht hat. Auf der einen Seite schade, weil ich ja lieber etwas über Metaphern gelernt hätte, auf der anderen Seite schön, weil ich ein neues Modell kennenlerne. Damit habe ich schon oft in diesem Leben auch als Trainer Neuland beschritten, habe noch besser und mehr verstanden, was am Modell des NLP anders ist und habe schlicht mein Wissen und Können erweitert. Los geht’s also. Nach Virginia, so der Autor, gibt es insbesondere auch gerne bei Paaren und in Familien vier Rollen, die zu besetzen sind oder eingenommen werden:

der Beschwichtiger,
der Ankläger,
der Rationalisierer und
der Ablenker.

Die Idee ist nun, dass Du für Dich herausfindest, welche Deine wichtigste Rolle ist, die Du – lass uns in Deiner Partnerschaft anfangen – im Alltag spielst. Manche Menschen stecken nämlich dieser Rolle fest und wenn der andere dann auch die Felxibilität einer Bahnschwelle (wie meine Freundin Kerstin mal gesagt hat) hat, dann kann das ein ganzes Leben lang so gehen. Tendenziell ist dann in den meisten Beziehungen nach meiner Beobachtung einer der Ankläger und der andere der Beschwichtiger.

Kann allerdings auch sein, dass es eine andere Kombi ist, vielleicht Ankläger und Ablenker, was wir im NLP „Wegchunken“ nennen würden, also Themawechsel. Diese Menschen kannst Du nicht beim Thema halten, sie werden vermutlich wortreich einfach woanders hinspringen und dann fröhlich über das andere Thema weiterreden. Und, Achtung, die meisten unbewussten Menschen werden das nicht einmal mitbekommen. Der Rationalisierer ist in meiner Welt der Mr. Spock von Raumschiff Enterprise, alles kann logisch und gefühllos erklärt werden. Angst wird unterdrückt und nicht wahrgenommen, alle anderen negativen Gefühle ebensowenig.

Der Anfang: Lerne flexibel zu wechseln

Also zurück zu dem Modell: Die Idee ist nun, dass Du – etwa in einem konkreten Konfliktfall – einfach mal die Rolle wechselst. Damit wird der andere höchstwahrscheinlich auch seine Rolle wechseln. Und da der Flexiblere ja bekanntlich führt, wird es dann eben möglich sein, dass Du Dein Verhalten so lange änderst, bis der andere auch seine bevorzugte Strategie verlässt. Okay, das ist nur ein Anfang und ich werde da in den kommenden Monaten noch ein wenig tiefer eintauchen, damit ich Dir wieder noch mehr beibringen kann.

Besonders spannend scheint es mir zu sein, wenn ein Beschwichtiger sein Verhalten erkennt und einfach mal zum Ankläger wird. Das bringt eine spannende Dynamik in die Beziehung. Probier es einfach mal aus. Allerdings habe ich dazu auch schon das Feedback bekommen, dass Beziehungen ganz schön aus dem Takt geraten können, wenn der eine die Rolle wechselt. Und ich finde es ja sowieso schöner, wenn ein Paar offen kommunizieren und sich auch über solche Themen austauschen kann, die einfach mit Bewusstheit und offener Kommunikation zu tun haben. Insofern ist dies keine Anleitung zum Austricksen des Partners oder der Partnerin, meine Idee wäre, dass Ihr beide darüber sprecht und dann im Konfliktfall oder sonst eben nach einem Streit nochmal zurückspult und beoachtet, wer welche Rolle eingenommen hat und wie Ihr jetzt neu damit umgehen wollt.

Einen Schritt weiter

Es gibt zusätzlich zu den vier Rollen noch zwei weitere Lösungen und falls Du vor Jahren schon ein Seminar bei mir besucht hast, dann kennst Du ja schon das Dreieck, das dem Modell von Virginia, so wie ich es jetzt kennengelernt habe, ähnlich zu sein scheint. In dem Dreieck ging es ja um Täter, Opfer und Ankläger. Und meine These war und ist, dass es aus diesem Dreieck kein Entkommen gibt, wenn eine andere Person Dich hineinzwingt. Es beginnt logischerweise wohl immer mit dem Ankläger, jemand gibt einem anderen die Schuld dafür, dass er oder sie sich in irgendeiner Weise schlecht fühlt. Mag zu allgemein geäußert sein, und lass uns doch einfach mal mit dieser These starten. Du kannst sie ja im Alltag überprüfen.

Wenn der Ankläger Dich zum Täter macht, kannst Du als Opfer reagieren, das wäre in dem Modell von Virginia dann vermutlich der Beschwichtiger, der die Schuld auf sich nimmt. Oder Du wirst ebenfalls zum Ankläger und machst den anderen zum Täter, der dann eben wiederum anklagt und so kann das dann ein Leben lang weitergehen. Ich weiß ja nicht, was Du so beobachtest, für mich ist das bei den meisten Familien und Paaren die alltägliche Situation. Nun habe ich im Seminar, wenn ich das Dreieck vorgestellt habe, ja immer erklärt, dass ich nur einen Weg daraus gefunden habe: Weglaufen und nie mehr wiederkommen. Es sei denn, der andere ist kommunikationsbereit und emotional fähig, das Dreieck aus Täter, Opfer und Ankläger selbst auch zu erkennen und seine und Deine eigene Bewusstheit können dann dafür sorgen, dass Ihr Euch aus dem Dilemma herausbewegt.

Die fünfte Option

So ist das in dem Modell von Virginia Satir dann wohl auch, es gibt die fünfte Position, die damit zu tun hat, dass Du nicht in eine der Rollen fällst, sondern wahrnimmst, was Du gerade siehst, hörst, fühlst und gegebenenfalls auch noch riechst und schmeckst, also ganz gegenwärtig bist, was aktuell, jetzt, in Dir und um Dich herum vorgeht. Damit kannst Du alte Anker auflösen und das wäre mitten im Modell des NLP eben eine sehr gute Lösung. Ist ja klar, wenn Du Dich zum Beispiel angegriffen fühlst von dem anderen, dann hättest Du bisher so reagiert, wie immer in Deinem Leben, nämlich aufgrund einer Verhaltensweise, die Du Dir vor Jahren angewöhnt hast. Wenn Du nun stattdessen nicht mehr der Programmierung folgst, sondern einfach nur wahrnimmst, dass da eine Programmierung am Werk ist, ein Reflex, ein Automatismus, dann gehst Du eben mehr in die Rolle des Beobachters, ohne dissoziiert zu sein und Dich von Deinen Gefühlen zu lösen, weil Du sie nicht mehr unterdrückst.

Das scheint die Lösung für viele Themen zu sein, die wir Menschen im Alltag so haben. Viele Menschen sind eben wie „Bioroboter“, die – NLPlerisch gesprochen – immer einfach nur alte Anker ausagieren, die überhaupt nie da und bewusst in der Gegenwart sind, sondern einfach nur immer wieder in derselben Schleife gleich reagieren. Orte, Umstände und beteiligte Personen verändern sich, die Reaktion des Bioroboters nicht. Und diese Menschen nehmen nicht wahr, dass sie immer gleich reagieren, im Gegenteil, wenn ich sie etwa im Seminar darauf anspreche, dass sie stereotyp immer dasselbe machen, dann wehren sie sich gegen meine Aussage, greifen mich an, werden wütend und verteidigen sich. Sie fallen also in die Muster, um die es in diesem Thema des Monats ging.

Steig aus und lebe wieder

Das wäre also der Tipp für Dich: Steig aus dem Automatismus aus, werde wach, bewusst und immer klarer, was nur eine Programmierung in Dir ist und wann Du ganz in der Gegenwart bist und das tust, was das Einzige ist, was Du kannst: Wahrnehmen was jetzt ist. Viel Spaß dabei!