Wir leben in einer Zeit, in der es völlig normal zu sein scheint, alles an sich zu ziehen, zu raffen, was nur möglich ist. Ganz viele Menschen fühlen sich benachteiligt. Egal wie wenig sie schon arbeiten und wie viel Geld sie bekommen, es ist nie genug und sie arbeiten immer viel mehr als die anderen. Automatisches Einkommen, Sales-Funnel, Sonderangebote und Last Minute Offerten – also gut organisierte Erpressungen von Kunden – sind die Regel und nicht die Ausnahme. Keine Frage, da regiert der Mangel auf beiden Seiten. Auch in Beziehungen wird gerne der eigene Vorteil in den Mittelpunkt gestellt. Es scheint manchmal ein bisschen so, als würden die gewinnen, die so viel wie möglich an sich raffen und manch einer fragt sich besorgt: Wie soll es denn dann funktionieren?

Es gibt mehr als genug

Der eine Aspekt dieses Themas ist sicherlich, dass es ja von allem mehr als genug gibt. Doch das Mangelbewusstsein, in dem die meisten Menschen momentan leben, lässt sie eine andere Erfahrung sammeln. Der Mangel ist überall, weil das Gefühl überall ist. Neid ist so ein typisches Gefühl und Neid gibt es natürlich manchmal auch als positives Gefühl, das einen in eine positive Handlung und in positives Denken bringt. Doch meist ist das Gefühl von Neid sehr negativ, es basiert auf dem Mangelbewusstsein und der Neid besagt, dass andere einem entweder etwas weggenommen haben oder wegnehmen, was man selbst gerne hätte, aber eben nicht bekommen kann, weil der andere es ja nun hat. Das gilt für materielle Dinge ebenso wie für Beziehungen und Freunde.

Eifersucht wäre ein solches Beispiel, denn wer auf den neuen Freund der Ex neidisch ist, weil er sie so sehr vermisst, der glaubt eben auch nicht daran, dass da draußen noch eine viel besser passende Partnerin auf ihn wartet. Zudem missgönnt er dem neuen Partner die Freundin, was noch mehr Mangelgefühle in ihm auslöst. Und dieses Gefühl hat nur eine einzige Folge: Er wird in immer mehr Lebensbereichen einen Mangel erleben, im Job, beim Geld, bei Freundschaften und so immer weiter. Das alles ist das Gesetz der Anziehung, denn wer aus dem Mangelgefühl heraus startet, wird immer mehr Mangel anziehen.

Die scheinbare Fülle

Was uns zum nächsten Aspekt des Themas bringt, den ich einfach „scheinbare Fülle“ nenne. Das sind die Menschen, die Du von außen beobachtest, die Millionen haben oder ganz viele Häuser oder ganz viele Bekannte, die sie Freunde nennen, und bei denen scheinbar alles stimmt. Bei diesen Menschen, und das kann für Dich eine große Enttäuschung sein, findest Du trotz allen äußerlichen Reichtums keinen inneren Wohlstand. Vielleicht gönnen sie sich nichts oder sie sind kleinlich im Umgang mit anderen, denken ständig über ihr Geld nach und können es einfach nicht genießen. Das sind die Multimillionäre, die ihre Autos in schwarz kaufen. Nicht etwa, weil sie Schwarz so sehr mögen, sondern weil es einen hohen Wiederverkaufswert verspricht. Sie sparen Geld, beim Autokauf, weil sie die Farbe für den nächsten Besitzer passend wählen.

Jemand kann alles haben, also zumindest kann es von außen betrachtet so scheinen, und doch kann er sich innendrin überhaupt nicht so anfühlen, als wenn er genug hätte. Und Du würdest es bei Dir selbst oder einem anderen sofort merken können, wie er sich fühlt: Teilt dieser Mensch mit anderen? Gibt er mehr, als er nimmt, oder muss er immer mehr nehmen, als er selbst gibt? Beim Geld wäre dies natürlich sehr leicht feststellbar, etwa wenn ein Freund und Du sich immer wieder zum Essen treffen. Wer bezahlt? Oder bezahlt einfach mal jeder? Oder es spielt einfach gar keine Rolle, weil ihr beide so easy mit dem Thema Geld seid, dass es einfach egal ist? Da darfst Du in solchen Situationen hineinfühlen, wie Du Dich fühlst. Ist da ein Gefühl von Verpflichtung in Dir? Oder ist es ein freudiges Geben?

Das Beispiel mit dem Atmen

Im Seminar nehme ich an dieser Stelle immer gerne das Beispiel mit dem Atmen: Luft gibt es nach Ansicht der allermeisten Menschen mehr als genug. Und selbst wenn wir Sport treiben, eine Treppe hochlaufen oder sogar ganz schnell rennen und den Sauerstoffbedarf verfünffachen, wir befürchten keinen Mangel an Atemluft, es ist einfach immer genug da. Okay, in der Großstadt hat die eine andere Qualität als bei uns in Tutzing am See, aber genug ist auf jeden Fall auch mitten in Los Angeles vorhanden. Stell Dir vor, Du lädst ein paar Freunde in Deine Wohnung ein für einen gemütlichen Abend. Hast Du Sorge, dass sie Dir die Luft wegatmen? Vermutlich musst Du jetzt schmunzeln, weil das Beispiel so absurd ist. Vielleicht bittest Du die Freunde, einen Salat mitzubringen, aber eben nicht einen Sack voll Atemluft, die ist ja vorhanden.

Was ich Dir mit diesem Beispiel verdeutlichen möchte: Du bist Dir so sicher, dass es davon genug gibt, dass es keinerlei Mangelgefühle in Dir geben kann in dieser Angelegenheit. Okay, ich sage nicht, dass sich ein Mensch nicht so in Panik bringen kann, dass er sogar ängstlich niemanden mehr in seine Wohnung einlädt, damit der eben nicht die Luft wegatmet – aber das ist hier nicht unser Thema. Fühl doch mal da rein, halte einen kurzen Moment inne: So wie bei der Atemluft, so fühlt sich das Gefühl von absoluter Freiheit und absolutem Wohlstand an. Atme soviel Du willst, wann Du willst und Du kannst sogar neben mir atmen, das macht nichts mit Dir.

So geht das sonst fast nirgendwo

Nun gut, lass uns also dem normalen Leben zuwenden, denn das Beispiel mit der Luft lässt sich für die meisten Menschen vielleicht noch auf Wasser übertragen, wobei der eine oder andere schon zurückhaltender wäre, wenn ein Freund oder eine Freundin bei ihm duschen würde. Schließlich ist da ja warmes Wasser beteiligt und wenn der der andere am Ende zwei Stunden unter der heißen Dusche steht, dann ist da vielleicht doch irgendwann ein Mangelgefühl, das eben schlechte Gefühle im Gastgeber verursachen könnte. Ich schreibe das hier, damit Du prüfen kannst, ob da etwas in Dir getriggert wird, das irgendwie mit Mangel in Verbindung steht. Meine These ist nämlich, dass ganz vielen Menschen gar nicht bewusst ist, in wie vielen Lebensbereichen sie Mangelgefühle haben. Mein Vater hätte zum Beispiel immer darauf geachtet, dass im ganzen Haus das Licht ausgeschaltet würde, wenn man gerade mal nicht im Raum war. Er konnte ein riesiges Theater veranstalten und rannte immer hinter uns allen her, um das Licht auszuschalten. Für ihn war das Verschwendung, aber wenn ich da heute reinfühle, war es einfach ein ganz großes Mangelgefühl.

Logisch ist ja nun folgender Zusammenhang: Wenn Du in irgendeinem Bereich einen Mangel empfindest, wirst Du nicht großzügig geben können, sondern bestenfalls berechnend oder kontrolliert. Berechnend bedeutet für mich hier passen zu den aktuellen Podcastthemen, dass es ein Deal ist. Das wäre das Beispiel Essenseinladung von oben: Wenn es immer ausgeglichen sein muss oder wenn Du lieber einlädst, um nicht in der Schuld bei anderen zu stehen, dann muss dahinter ein Mangelgefühl sein. Da darfst Du dann hinschauen und herausbekommen, was das für ein Mangel ist. Spannend daran ist, dass ein Mangel auch dann hinter allem sein kann, wenn Du ganz viel (aus-)gibst. Da ist zum Beispiel dieser Teilnehmer, bei dem es finanziell immer wieder eng ist. Er hat eine Firma, aber er gibt immer viel mehr Geld aus, als er sich de facto leisten kann. Warum macht er das? Er hat das Gefühl, sonst zu viel Geld an das Finanzamt überweisen zu müssen. Und aus diesem Mangelgefühl heraus gibt er das ganze Geld so schnell wie möglich aus.

Gönn es den anderen

Du könntest also in einem solchen Beispiel anstelle von Geld Atemluft einsetzen und hineinfühlen, wie es sich dann anfühlt. Wie würdest Du Dich verhalten, wenn das Finanzamt vorbeikäme und würde – sagen wir einfach mal – 10.000 statt bisher 1.000 Kubikmeter Luft in Deiner Wohnung abpumpen wollen. Du würdest sie herzlich gerne hereinbitten, ihnen vielleicht noch eine Tasse Kaffee anbieten, die Balkontür öffnen und alle Fenster und sie könnten fröhlich abpumpen, was immer sie wollen. Du würdest vielleicht sogar sagen: Nehmen Sie doch einfach 20.000, ich verdoppele das, was sie haben wollen, einfach weil ich weiß, dass ich davon mehr als genug habe. Ganz konkret: Da willst Du doch hin, wenn wir davon sprechen, mehr als genug in allen Lebensbereichen zu haben, oder etwa nicht?

Natürlich ist die Lebenszeit begrenzt und ich bin ja grundsätzlich der Meinung, dass das sehr positiv ist, weil die Menschen ansonsten ihr Leben noch sinnloser verbringen würden, als sie es ohnehin schon tun. Nur ist die Zeit eben auch ein Thema, das viele unter Druck setzt. Da ist der Stress ein ständiger Begleiter und Zeitmangel ist eher ein Ausdruck von Wichtigkeit als alles andere. Wer zu wenig Zeit hat, der ist gesellschaftlich anerkannt. Dann kann man Zeit verplempern, sinnlos vergeuden, die Wörter selbst sprechen schon eine deutliche Sprache, und angeblich lässt sich durch einen Umweg Zeit sparen oder durch eine bestimmte Investition oder durch was auch immer. Mancher hat das Gefühl, ständig etwas zu verpassen und so sein Leben vergeudet zu haben. Jedenfalls scheint auch die Zeit ein Thema zu sein, bei dem der Mangel allgegenwärtig ist. So habe ich neulich sehr zu recht in einem Buch gelesen, dass so viele Villen tagsüber leer stehen, weil die Besitzer den ganzen Tag nicht da sein können, weil sie das Geld verdienen müssen, um sich die Villa leisten zu können. Zeit gegen Geld, so heißt die Devise. Konkret tauschen die meisten Menschen Lebenszeit gegen Geld. Und wenn sie ein paar Stunden weniger arbeiten, dann haben sie das Gefühl, mehr Zeit zu haben. Da sie aber – kurzer Ausflug zum Gesetz der Anziehung – aus dem Mangel heraus gefordert haben, weniger zu arbeiten, werden sie mit den Stunden, die sie scheinbar gewonnen haben, nichts machen können. Mangel zieht mehr Mangel an!

Geben, geben, geben

Die beste Chance, den Teufelskreis in allen Lebensbereichen zu durchbrechen, ist folglich, das eigene Mangelgefühl endgültig zu überwinden und dann so viel zu geben, wie es nur geht. Denn je mehr Du gibst – denke nochmal an das Finanzamtsbeispiel von oben – um so mehr musst Du ja haben. Natürlich darfst Du aus dem Gefühl der Fülle geben. Bist Du aufmerksam, wenn Dir jemand etwas erzählt? Gibst Du dem anderen Menschen mehr Aufmerksamkeit, als die meisten anderen es machen würden? Stellst Du dem anderen mehr Fragen? Das wäre ein typischer Bereich, in dem Du geben kannst, ohne finanzielle Ressourcen zu haben. Oder gibt es auch da so viele Mangelgefühle in Dir, dass das schon nicht möglich ist? Stehlen Dir andere die Zeit, wenn Du ihnen zuhörst oder zuhören musst? Dann hättest Du selbst beim Zuhören schon nichts zu geben, weil Du so wenig hast.

Wie sieht es bei Deiner Arbeit aus? Gibst Du mehr, als Du in Form von Geld zurückbekommst? Übererfüllst Du? Da ist übrigens ein Hinweis wichtig: Hier geht es nicht um den Vergleich mit anderen, es geht nicht einmal um das, was Dein Chef glaubt oder die Gewerkschaft ausgehandelt hat. Es geht um Dein tiefes inneres Gefühl. Verdienst Du wirklich das, was Du bekommst. Oder übervorteilst Du das Unternehmen, für das Du arbeitest? Du darfst halt ganz ehrlich zu Dir sein, wenn Du die Frage beantwortest.

Schau Dir alle Lebensbereiche an

Und von da aus kannst Du Dir jetzt alle Lebensbereiche anschauen: Gibst Du überall mehr als Du bekommst? Das wäre das neue Lebensmotto, das ich Dir empfehlen würde. Beginne in einem Lebensbereich, eventuell einfach nur in Deiner Partnerschaft, wenn Du in einer lebst, und gib dem anderen mehr Liebe, mehr Aufmerksamkeit, mehr Fürsorge – eben all das, wovon Du gefühlt mehr als genug hast und was Du gerne gibst in Hülle und Fülle. Konzentriere Dich dann, das wäre der nächste wichtige Schritt, darauf, dass es sich die ganze Zeit gut anfühlt. Du darfst freiwillig geben, mehr und mehr und mehr. Und es darf sich gut anfühlen.

Je mehr Du gibst und je mehr Du dadurch das Gefühl von Fülle, Reichtum, Wohlstand, Überfluss, Mehr als genug in Dir hast, um so mehr werden alle Dinge, die Du gerne haben und erleben möchtest, in Dein Leben kommen. Probier es bitte aus und beende Dein Mangelgefühl. Spüre es auf in allen Lebensbereichen, ändere Deine Perspektive in eine Perspektive der Fülle und des Überflusses und dann gib immer mehr, als Du bekommst. Das Ergebnis wird Dich schon nach kurzer Zeit überraschen!