Angst zu haben ist eine ganz natürliche menschliche Reaktion auf Situationen, die wir noch nicht erlebt haben. Du kannst Dir das so vorstellen: Deine innere Datenbank, die unterbewusst abgespeicherte Erinnerungen enthält, ist ständig aktiv. Das Gehirn prüft nun, ob eine gerade jetzt erlebte Situation Ähnlichkeiten mit einer anderen Situation hat, die Du früher erlebt hast. Falls ja, dann wird bei einer alltäglichen Situation das Programm ablaufen, das in dieser Situation normal ist. Konkretes Beispiel: Es klingelt an der Tür. Du wirst tendenziell unterbewusst genau wissen, was nun zu tun ist. Du gehst zur Wohnungs- oder Haustür, eventuell an eine Gegensprechanlage und findest heraus, wer da geklingelt hat. Je nach Tageszeit und Situation wird Dein Gehirn nun sogar Zusatzinformationen liefern. Nach dem Motto: Es ist früher Nachmittag, das wird wohl der Paketdienst sein. Und Du erinnerst Dich, was Du bestellt hast, das nun geliefert wird. Wie gesagt ist das nur ein Beispiel.

Ungewöhnliche Situationen machen Angst
Wenn das Gehirn keinen direkten Bezugspunkt in der Datenbank findet, dann fängt es an zu assoziieren. Ängstliche Menschen würden in solchen Situationen dann eher etwas Negatives erwarten als solche Menschen, die mit einem Urvertrauen ausgestattet sind und immer nur optimistisch das Beste annehmen. Hier kommen Prägungen aus der Kindheit ins Spiel. Wie haben Deine Eltern in solchen Situationen reagiert? Also in dem obigen Beispiel wäre es das Klingeln an der Tür nachts um 2 Uhr. Ob Du da Panik empfindest, davon ausgehest, dass ein Betrunkener sich vertan hat, die Polizei rufst oder Dich umdrehst und versuchst schnell wieder einzuschlafen, all das hängt eben von der Art und Weise ab, wie Du mit ungewohnten Situationen umzugehen gelernt hast beziehungsweise was Du Dir selbst antrainiert hast. Angst ist hier nur eine mögliche Reaktion.
Im Moment erleben die meisten von uns dasselbe in einer XXL-Fassung. Es gibt eine Menge Aufregung, Angst, geradezu Panik, die von allen Seiten auf viele Menschen einströmt. Die Gefahr ist längerfristig vorhanden, also nicht in kürzester Zeit vorbei wie das Klingeln an der Tür. Auch das ist für das Gehirn eine besondere Situation.

Nur zwei Ängste sind angeboren
Von Geburt an haben wir nur zwei Ängste: Die Angst vor lauten Geräuschen und die Angst vorm Fallen, also vor Höhe. Alle anderen Ängste sind von diesen beiden Ängsten generalisiert, sozusagen abgeleitet. Wenn Deine Bezugspersonen in der Kindheit viel Angst hatten, dann bist Du vermutlich auch recht ängstlich. Oder Du bist im Gegenteil eine sehr mutige Person geworden, das ist eine individuell verschiedene Reaktion, die zufällig erworben ist.
In der aktuellen Situation können wir wohl ohne Übertreibung sagen, dass noch niemand von uns je mit einer solchen Situation konfrontiert war. Damit kannst Du nun also in der Selbstbeobachtung sehr gut herausfinden, wie Dein Gehirn arbeitet und was Deine typische Reaktion mit bedrohlichen Situationen ist. Auch bei anderen Menschen kannst Du diese Verhaltensweisen beobachten und dadurch lernen.

Einige mögliche Reaktionen
Einige Menschen tun und sagen einfach nur noch das, was jemand anders, der vermeintlich mehr Macht, Einfluss, Know-how oder Wissen hat oder bei dem es vermutet wird, vorgibt. Andere sammeln Wissen und versuchen so, die Situation zu meistern und durch das angesammelte Wissen ihre Angst zu beruhigen. Andere versuchen die Hintergründe zu verstehen, die die aktuelle Situation ausgelöst haben. Dieses Verstehen der Zusammenhänge ist meines Erachtens nach anders als das Streben nach Wissen.
Wieder andere werden einfach nur panisch und rennen wie aufgescheuchte Hühner durcheinander. Sie hoffen, dass sie das so lange tun können, bis die Situation, die sie nicht einschätzen können, zufällig oder hoffentlich wieder vorbei ist. Wieder andere ziehen sich zurück, stecken den Kopf in den Sand und werden apathisch, so in etwa wie die Schockstarre bei einem Kaninchen, das von einer Schlange überrascht wird. Andere Menschen werden brutal und laut, sie betäuben die Angst mit Gewalt und Brüllen, weil sie sie dann nicht wahrnehmen. Einige Menschen lenken sich ab und tun so, als wäre gar nichts. Diese Menschen fliehen eventuell auch in Drogenkonsum.
All diese Reaktionen sind, ich möchte es nochmal betonen, zufällig erworben oder abgeschaut. Die esoterischen Wuwus unter uns könnten auch noch letzte Leben als Ursache dieses Verhaltens anführen. Aber das führt uns hier nicht weiter. Es gibt bestimmt noch mehr Verhaltensweisen als die, die ich oben aufgeführt habe und die Du bei Dir oder in Deinem Umfeld beobachten kannst. Ich vermute allerdings, dass ich die wichtigsten beschrieben habe. Diese Verhaltensweisen würde man in der IT als „Work-around“ bezeichnen. Das Gehirn, das keine adäquate Lösung für den negativen Film der Zukunft kennt, muss ein alternatives Verhalten anwenden, damit der Mensch nicht unter der Angst zugrunde geht.

Die Work-arounds beseitigen die Angst nicht!
Jetzt wird es wichtig: Keine einzige dieser Verhaltensweisen ist geeignet, die Angst dauerhaft verschwinden zu lassen. Es sind eben nur Hilfsmaßnahmen, Work-arounds. Deshalb ist es so wichtig, dass ich den Menschen mit meinen NLP-Seminaren einen neuen Umgang mit der Angst beibringe. Dein Gehirn darf lernen, dass es sich die negativen Bilder und Filme einer Zukunft, die Du gar nicht erleben möchtest, nicht zwangsweise machen muss. Und es darf lernen, dass Du diese Filme absichtlich verändern und beeinflussen kannst. Doch wie funktioniert nun die Angst in Deinem Kopf?
Typischerweise funktioniert die Angst so: Das Gehirn erstellt einen Film von einer Zukunft, die unerfreulich ist. Als Beispiel: Das Kind sitzt oben auf der Rutsche und sieht sich seitlich hinunterfallen oder eben geradeaus mit 250 km/h in die Hecke fliegen oder unsanft auf den Teer zurasen. Diese Szenarien sind nicht realistisch, das Gehirn erfindet sie. Nun passiert etwas Wichtiges, das grundlegend für jede Angst ist: Das Gehirn stoppt den Film kurz vor dem Eintreten der befürchteten Katastrophe und lässt ihn dann in einer Schleife ablaufen, also startet ihn immer wieder von vorne. So bleibt das Gehirn in dem Zustand der Angst, so lange das Kind oben auf der Rutsche sitzt.

Unterdrücken oder etwas Neues lernen?
Die oben beschriebenen Verhaltensweisen setzen nun ein, um den Katastrophenfilmen, die das Gehirn erfindet, etwas entgegenzusetzen. Doch die meisten Menschen haben nicht gelernt, den Film zu verändern, etwa indem sie ihn rückwärts oder in Zeitlupe ablaufen lassen. So bleibt dann letztlich nur die Möglichkeit, den Film zu unterdrücken. Doch davon hat das Gehirn keinen neuen Umgang mit den angsteinflößenden Situationen gelernt. Es wird vielmehr, wie bei jedem anderen Verhalten, das von intensiven (positiven oder negativen) Gefühlen begleitet wird, nur immer mehr Situationen suchen, die Angst auslösen. Und es wird dann auch automatisch den Work-around anwenden, zu dem es konditioniert wurde.

Es gibt verschiedene Exit-Strategien, mit denen das Gehirn ausgestattet ist und die Du auch aktuell beobachten kannst. Wenn das Gehirn zu lange mit derselben Angst konfrontiert wird, stumpft es sozusagen ab. Es wird immer schwächer auf denselben Reiz reagieren. In Bezug auf das Beispiel würde das bedeuten, dass das Kind auf der Rutsche nach einigen Stunden (und vielleicht auch schon früher) die eigene Angst nicht mehr so stark fühlen würde. Das liegt eben aus meiner Sicht daran, dass der Film wieder und wieder abgespielt wird, was in unserem Nervensystem eben zu dem Gewöhnungseffekt führt.
Ist es eine extreme Angst, weil die beobachtete oder befürchtete Situation so unermesslich schrecklich ist, können auch Schockreaktionen beobachtet werden, die bis zu einer Pausefunktion des Gehirns führen. Katatonische Patienten und in meiner Welt auch diverse paranoide Störungen, bei denen die Menschen in eine parallele Realität wechseln, in der das befürchtete Schlimme nicht so passiert ist, sind hier zu beobachten. Weil dies aber der abgedrehte, für Psychiater relevante Teil der menschlichen Reaktion ist, mit dem ich mich nicht auskenne und auch nicht beschäftigen möchte, lassen wir den hier außen vor. Ich habe dazu nur die These, dass das Unterbewusstsein jeden Menschen davor schützt, eine Realität wahrzunehmen, der er sich nicht gewachsen glaubt.

Angst verstärken oder Themen verändern
Um eine Angst über einen längeren Zeitraum hinweg aktiv zu behalten, muss also der betreffende (normale) Mensch entweder zwischendurch eine Phase haben, in der er keine Angst haben muss (das Kind wird von der Rutsche heruntergenommen und erst in ein paar Tagen wieder dorthin gebracht), oder die Angst müsste verstärkt werden (das Kind klettert auf dem Gerüst immer weiter nach oben). Du wirst also bei Dir und bei anderen Menschen in Deinem Umfeld beobachten können, wie sie entweder die Themen wechseln, die ihnen Angst machen, oder sie werden die Angst mehr und mehr verlieren.
Das lässt sich ein bisschen wie eine Selbstheilungsfunktion Deines Gehirns verstehen, denn Angst versetzt den Körper bekanntlich in ein Fliehen-oder-Kämpfen-Verhalten, das mit einem extremen Anstieg des Adrenalinspiegels im Körper einhergeht. Dieses Hormon ist gesundheitsschädigend, es kann allerdings in recht kurzer Zeit abgebaut werden, etwa durch einen 200-Meter-Sprint, also durch schnelles Laufen. Daher scheint der Körper es so zu regulieren, dass die Angst abflaut, wenn sie sich unverändert auf dasselbe Thema bezieht.

Verändere Deine Filme
Du kannst also nun einfach so lange in der Angst bleiben, bist sie verschwunden ist. Wenn Du zudem noch morgens, mittags und abends einmal kurz schnell um dem Block rennst, wird sogar Dein Adrenalinspiegel immer wieder auf ein normales Niveau reduziert, was in jedem Fall aus gesundheitlichen Gründen zu empfehlen ist.
Ich empfehle Dir allerdings einen neuen Umgang mit der Angst und das ist natürlich für jemanden, der sich noch nie damit beschäftigt hat, leichter gesagt als getan. Vor allem, wenn es um Lebenssituationen geht, die wir noch nie in dieser Art und Weise erlebt haben. Wenn Du lernst, die angstmachenden Filme in Deinem Kopf gezielt zu verändern, verschwindet die Angst und es fällt Dir viel leichter, zuversichtlich Deinen Alltag zu gestalten und mutig Deine Träume und Wünsche zu finden und dann wahr zu machen.