Wir alle geben uns Mühe, nett zu sein, offen zu kommunizieren und den anderen zu würdigen, egal ob es privat oder beruflich ist, positive, offene Kommunikation mit anderen Menschen ist eine Art Grundrecht, auf das jeder einen Anspruch hat. Doch wir alle sind Menschen und bei Menschen geht zumindest im Moment noch manchmal etwas schief, egal wie sehr wir uns bemühen, liebevoll zu sein. Das muss nicht gleich in einen großen Streit ausarten, manchmal ist es eine scheinbar kleine Bemerkung am Rande, die uns auf die Palme bringt. Das meine ich damit, dass Kommunikation schiefgeht, dass uns etwas triggert. Wer dann auf Autopilot ist und nicht bewusst die eigenen Gefühle wahrnimmt, der überlässt seinem Unterbewusstsein das Feld und es wird so reagieren, wie es das gewohnheitsmäßig tut – deshalb nenne ich das Autopilot.
Wirklich liebevolle, respektvolle und offene Gespräche zu führen, das erfordert eine sehr große Bewusstheit in jedem Moment. Bewusstheit für das, was der andere sagt, Bewusstheit für die Gefühle, die der andere aussendet und dann natürlich auch noch Bewusstheit für die eigenen Gefühle. Die sind meist der Trigger für die Chance, eine aus dem Ruder laufende Situation zu stoppen, denn das erste, was Du wahrnimmst, bevor es knallt, ist meist ein schlechtes Gefühl. Klar, im Mischgebiet haben Menschen den Eindruck, der andere habe etwas in ihnen ausgelöst und weil das so ist, darf man sich dann natürlich auch rächen. Das ist völlig okay. Daraus entsteht das typische Kommunikations-Ping-Pong, wie ich es hier mal nennen möchte. Umgangssprachlich formuliert: Mal tut der eine dem anderen einen rein und dann gibt es zeitversetzt oder auch sofort die Rückrunde. Manche Paare spielen das ihr Leben lang und es ist auch für die Außenstehenden wirklich ätzend. Doch auch im beruflichen Umfeld gibt es diese Hin- und Rückrunden, die sich einfach nur nach Rache anfühlen und damit keine schöne Energie in sich tragen.
Bewusstheit für Dich und Deine Gefühle
Deine Gefühle sind deshalb der Schlüssel für eine Rettung in der Not einer in Schieflage geratenen Situation, weil Du am schnellsten in Dir merkst, dass etwas nicht stimmt. Es ist das ultimative Warnsignal, das allerdings die meisten Menschen einfach nur falsch interpretieren. Bei ihnen kommt an: Hey, der andere tut mir gerade mit seinem Verhalten oder eben dem Satz, den er gesagt hat, weh. Das merke ich daran, dass ich ein negatives Gefühl empfinde. Jetzt muss ich mich wehren, denn der andere darf so nicht mit mir umgehen. Doch das stimmt nicht, das ist gar nicht das, worum es geht. Das schlechte Gefühl bedeutet etwas ganz anderes. Lass es uns in Zeitlupe anschauen:
Du nimmst den Satz oder das Verhalten des anderen wahr. Du gibst diesem Satz oder dem Verhalten eine Bedeutung, interpretierst, was der andere von Dir will, was er wirklich meint oder so. Dann ziehst Du eine Parallele zu einer anderen, ähnlichen Situation, die Du schon mal mit diesem oder einem anderen Menschen erlebt hast. Das geschieht übrigens unterbewusst und in Bruchteilen einer Sekunde. Diese Situation ist meist vor dem 7. Lebensjahr passiert und Dein Unterbewusstsein ist extrem gut darin, diese ähnliche Situation zu finden. Wie hilft Dir das? Ganz einfach, weil Du damit nicht lange mit dem bewussten Verstand überlegen musst, wie Du adäquat reagierst, sondern einfach schnell mit der Situation umgehen kannst, reflexartig im wahrsten Sinne des Wortes.
Das ist im Alltag hilfreich!
Nur, um das kurz zu erwähnen: Das ist im Alltag absolut hilfreich, lässt Dich überhaupt lebensfähig sein als Mensch. Stell Dir doch nur mal vor, Du müsstest jedes Mal überlegen, was zu tun ist, wenn Dir jemand die Hand entgegenstreckt und Dir einen „Guten Tag“ wünscht. Das würde sehr schwer werden, Du müsstest dann erst denken und würdest dann antworten: „Oh, danke, das ist aber lieb, Du wünscht mir einen guten Tag. Was bedeutet es, dass Du mir Deine Hand entgegenstreckst? Möchtest Du Geld? Möchtest Du mich anfassen? Willst Du was anderes?“ So funktioniert das nicht! Du wirst einfach auf Autopilot sein, Deine Hand entgegenstrecken, auch einen „Guten Tag“ wünschen und die Situation ist damit erfolgreich gemeistert.
Es geht also keineswegs darum, diese unterbewussten Reaktionen in Frage zu stellen oder generell zu verteufeln. Sie machen Dich und mich kompatibel zum Rest der Welt. Nur dann, wenn sie zu negativen Ergebnissen und das heißt hier konkret negativen Gefühlen in Dir fühlen, ist es sinnvoll, innezuhalten, den Autopiloten zu stoppen und darüber nachzudenken, was gerade passiert: Du gibst dem Gesagten oder der Handlung eine Bedeutung, die negativ ist. Lass Dir das auf der Zunge zergehen, bitte: Du gibst die negative Bedeutung, Du denkst, dass es eine Verbindung zwischen dem Satz heute und der damals von Dir erlebten Situation gibt. Und die gibt es nicht! Dein negatives Gefühl kannst Du also ab heute als eine Art Stoppschild interpretieren. Nach dem Motto: Halt, nicht reden, nicht handeln, bewussten Teil des Gehirns einschalten, überlegen, was hier gerade passiert.
Ein Tipp der Zeitschrift „Eltern“
Ich erinnere mich an eine Ausgabe der Zeitschrift Eltern, die ich vor rund 35 Jahren gelesen habe, in dem es genau um dieses Thema ging. Und der Tipp lautete sinngemäß: Wenn ihr kleiner Zwerg sie auf die Palme bringt, dann ist es am besten, wenn sie den Raum verlassen und erst einmal tief durchatmen. Ein toller Tipp, auch wenn man natürlich als erwachsener Mensch nicht immer gleich den Raum verlassen kann, wobei es durchaus Menschen in meinen Seminaren gibt, die mir von solchen Reaktionen des Partners berichten. Sie stellen eine unangenehme Frage und der andere steht wortlos auf und geht in einen anderen Raum. Vielleicht setzen diese Menschen den Tipp der Zeitschrift Eltern konsequent um und vielleicht sind sie einfach nur respektlos, ich kann das nicht aus der Ferne diagnostizieren. 😊
Wichtig ist einfach nur, was nach dem Stopp und den bewussten Analysieren der Situation passiert. Da wir nicht mehr auf Autopilot sind, können wir sozusagen die Zügel wieder in die Hand nehmen. Jetzt gibt es in meiner Welt mehrere gute Lösungen, um eine Eskalation zu stoppen:
Marcs bevorzugte Methode
Wenn ich es irgendwie hinbekomme, dann schätze ich die unterbewusste Absicht meines Gegenübers ein. Dazu stelle ich mir Fragen wie: Was wird er vermutlich erreichen wollen? Natürlich wissen wir es nie genau, doch die meisten Menschen sind im Moment so unbewusst unterwegs, dass es auch nicht helfen würde, sie zu fragen. Sie haben einfach keine Idee, wieso sie bestimmte Dinge sagen. Sie wissen nicht, was ihre unterbewusste Absicht ist. Okay, in dieser Aussage ist eine wichtige Vorannahme, die ich einfach mal so treffe: Hinter jeder Handlung und hinter jedem Satz, den ein Mensch sagt oder die er zeigt, steckt eine unterbewusste Absicht. Ich bin davon überzeugt, dass es so ist. Und im Wesentlichen handelt meine Arbeit davon, zwischen dem Gesagten und etwa der unterbewussten Körpersprache Inkongruenzen zu bemerken, die auf eine unterbewusste Absicht schließen lassen.
Für mich gibt es in diesem Zusammenhang, das sei hier nur am Rande erwähnt, ein wichtiges Ziel des Lebens als Mensch: Die Verbindung zum eigenen Unterbewusstsein kann durch Trancen, Arbeit an sich selbst und nicht zuletzt tägliche Meditation so aufgebaut werden, dass es praktisch keine Abweichungen zwischen den gesprochenen Sätzen und der Körpersprache mehr gibt. Kongruent zu reden und zu handeln, wie wir das im NLP nennen würden, muss das Ziel der persönlichen Weiterentwicklung sein, finde ich.
Da also die meisten Menschen noch nicht die nötige Bewusstheit haben, brauchen wir einen Workaround – wie man das in der IT nennen würde. Die Lösung ist es, Inkongruenzen zu beobachten. Dazu darfst Du Deine Empathie schulen und Deine Fähigkeit, andere Menschen zu fühlen. Denn dann wirst Du sehr schnell merken, wenn jemand etwas anderes sagt, als sein Körper sendet. Wenn Du das kannst – und da macht wie immer Übung den Meister –, dann kannst Du eine klare Idee davon entwickeln, was die unterbewusste Absicht war. Und Du würdest dann in der jeweiligen Situation am besten sprachlich auf das reagieren, was der andere vermutlich möchte. Das Tolle ist, dass der andere locker bleiben wird, wenn Du richtig interpretiert hast. Er wird lächeln oder zumindest in einer Art und Weise reagieren, dass Du an seiner Körpersprache merkst, dass Du richtig liegst. Wenn du falsch liegst mit Deiner Interpretation, dann wirst Du das auch merken, denn dann wird die Situation weiter eskalieren.
Wie geht das konkret?
Lass mich Dir ein Beispiel geben, das im Alltag leicht übersetzt werden kann. Du kommst verspätet zur Arbeit, nur ein paar Minuten, und Dein Arbeitskollege sagt zu Dir: „Hi, guten Morgen, es ist schon Fünf nach Neun. Alles gut bei Dir?“ Bei Dir kommt das an, was Du Dir selbst gerade in Deinem Kopf gesagt hast: „Mist, ich bin schon wieder zu spät. Warum bin ich so unzuverlässig? Ich kriege nichts hin.“ Also würdest Du auf Autopilot antworten: „Hey, guten Morgen, ist das erste Mal seit Wochen, dass ich etwas spät bin. Wieso kritisierst Du mich eigentlich immer? Du bist doch selbst nicht pünktlich. Neulich beim Meeting bist Du gar nicht erst aufgetaucht. Erinnerst Du Dich, da hast Du vergessen Dir den Termin einzutragen. Und jetzt machst Du wegen ein paar Minuten hier eine Welle. Außerdem hast Du mir gar nichts zu sagen.“ Bummmm, da knallt es dann, weil Du frei interpretiert hast, dass er Dich genau so kritisiert wie Du Dich selbst.
Wenn Du gestoppt hättest und bewusst wahrgenommen hättest, wie sich der Kollege fühlt, hätte es anders laufen können. Denn nehmen wir an, dass das verpasste Meeting bei ihm im Kopf immer noch aktuell ist und er sich deswegen schämt oder sich Selbstvorwürfe macht. Dann wäre etwa seine unterbewusste Absicht ungefähr so: Wenn ich jetzt bei dem anderen Fehler finde und erwähne, halte ich sie in Schach und sie werden mir meinen größeren Fehler, dass ich neulich das Meeting verpasst habe, nicht so ankreiden können. Ich kann quasi ausgleichen. Jetzt stell Dir vor, Du würdest direkt diese unterbewusste Absicht ansprechen und bei Ich-Botschaften bleiben. Etwa so: „Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich es heute nicht hinbekommen habe, pünktlich hier zu sein. Ich darf da nochmal genau hinschauen, wie ich das immer hinkriege, an einem solchen Tag zu spät loszufahren. Nun gut, lass mich Dir erstmal einen Guten Morgen wünschen. Geht es Dir heute gut?“
Das ist natürlich nur ein Beispiel, aber wenn Du Dich verletzlich und offen zeigst, dann kann der andere lernen, sich auch zu öffnen. Das dauert, keine Frage, denn es ist nötig zu lernen, dass man Schwächen eingestehen kann, ohne daran zu sterben. In diesem Beispiel würdest Du als Zu-spät-Kommender signalisieren: Ja, wir alle machen Fehler und wir können durch Fehler lernen. Ich zeige Dir, wie ich das mache: Ich nehme das Feedback an, dass ich zu spät bin, und ich werde an mir arbeiten, nachschauen, woran es liegt, um mein Verhalten anzupassen.
Methode zwei: Der Wechsel zur Metaebene
Wenn die hohe Schule der Kommunikation für Dich nicht verfügbar ist, weil der andere zum Beispiel schon so einen aggressiven Aufschlag gemacht hat und Du deutlich merkst, dass er oder sie Streit provozieren will und Dich erfolgreich triggert, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, auf die Metaebene zu wechseln. Nur, dass ich es an dieser Stelle deutlich sage: Ich bin überhaupt kein Freund dieser Methode, sie ist in Sachen erfolgreich und positiv-liebevoll kommunizieren nur eine Notlösung für die schlimmen Fälle. Du wechselst auf die Metaebene und sprichst die vermutete unterbewusste Absicht direkt an. Dabei gibt es wieder zwei Möglichkeiten:
Variante A ist, als Ich-Botschaft zu senden, also in diesem Beispiel, dass sich jemand mit mir streiten möchte, kann ich sagen: „Ich möchte mich nicht mit Dir streiten.“ Das ist ein harter Bruch in der Kommunikation, deshalb wirklich nur eine Notlösung. Aber sicher besser, als in den Streit einzusteigen und dann anschließend mit erheblich größeren Aufwand die Scherben aufräumen zu müssen.
Variante B ist, dass ich noch weniger elegant dem anderen von der Metaebene aus eine Frage stelle: Willst Du gerade Streit provozieren? Das ist schlechter als Variante A, weil es ein Vorwurf ist. Und wenn die Absicht, Streit zu provozieren, korrekt eingeschätzt sein sollte, wird die Frage sicher den nächsten Vorwurf möglich machen. Nach dem Motto: „Ach, kommst Du mir jetzt wieder mit Deinem Psycoscheiß. Lass mich raten, Marc hat Dir den Tipp gegeben, mich das zu fragen. Prima, jetzt kann ich nicht mal mehr sagen, wie ich mich fühle, weil Du mich immer sofort angreifst. Weißt Du, seitdem Du diesen Newsletter liest, bist Du wirklich herablassend, respektlos und ätzend. Du solltest mal dringend überlegen, ob Du unsere Beziehung überhaupt noch möchtest.“ Ich mache das hier nur als Beispiel, aber wenn der andere Dich so triggern würde, müsstest Du vermutlich nach dem Tipp der Zeitschrift „Eltern“ kurz den Planeten wechseln, ein Leben in Frieden dort verbringen, dann zurückkehren, um angemessen gelassen auf diesen kommunikativen Anschlag zu reagieren. Das wäre gelassene Kommunikation für Fortgeschrittene. 😊
Finde die unterbewusste Absicht
Also heißt der verallgemeinerte Tipp: Finde immer die unterbewusste Absicht hinter der Handlung oder dem, was gesagt wurde. Am leichtesten ist es, etwa mit einem Freund oder in der Partnerschaft, dies bewusst gemeinsam zu tun und immer mehr absichtsvoll miteinander zu kommunizieren. Dafür darf ich mir meiner Gefühle bewusst werden, dann kann ich in mir die unterbewussten Absichten finden, die sich hinter diesen Gefühlen sozusagen verstecken und dann kann ich dem anderen Menschen gegenüber diese Absichten offenlegen. Das geht natürlich nicht, wenn ich den anderen manipulieren, bevormunden oder betrügen will. Wer solche negative Absichten hat, wird niemals zu einer respektvollen Kommunikation mit anderen finden können. Dahinter liegt sicher immer Angst, das ist zumindest meine These. Und deshalb lege ich in meinen Seminaren so viel Wert darauf, dass Du Deine Ängste überwindest, weil Du dann gar keine Schutzmechanismen und Manipulationsstrategien mehr benötigst.
Doch neben den genannten alltäglichen Konfliktsituationen gibt es natürlich auch noch solche zwischenmenschlichen Interaktionen, die sich wiederholen und die immer wieder auftreten. Okay, dazu gehört nun auch wieder eine gewisse Bewusstheit, um das wiederkehrende Element zu finden und dann auch in geeigneter Weise zu reagieren. Im Prinzip geht es auch bei den wiederkehrenden Konflikten meiner Meinung nach um eine positive unterbewusste Absicht, doch die ist ein bisschen schwerer zu enttarnen, weil die Menschen dann, wie ich es nenne, über Bande agieren beziehungsweise kommunizieren, also noch indirekter als in den oben genannten Beispielen.
Rituale und Muster erkennen
Am schlimmsten ist offen gestanden das Beispiel Versöhnungssex in einer Partnerschaft, das ist sozusagen der ultimative Weg ins Chaos. Fühlt sich vielleicht besser an, aber das Problem ist, dass unser Unterbewusstsein ein Strukturlerner ist. Wenn es solche Rituale gibt, dann werden die Anker oft umgedreht, das heißt in diesem Beispiel würde einer von beiden den Streit suchen, um Sex zu bekommen. Da könnte auch in der Kindheit ein Muster gesetzt werden, wenn etwa die Mutter immer mal das Kind anschreit und ihm dann – aus schlechtem Gewissen – sein Lieblingsessen kocht. Das würde das Kind schnell lernen und dann ein Verhalten zeigen, mit dem es die Mutter schnell auf die Palme bringt, um dann wieder das Lieblingsessen zu bekommen.
Das alles ist der kommunikative Supergau, denn dann geht ja eben beim Austausch miteinander nur noch um die dahinterliegenden Ziele und Absichten mindestens von einem der beiden und die Mittel zum Ziel sind definitiv nicht förderlich für die Beziehung zwischen den Menschen. Zum einen wärest Du erstaunt zu erfahren, wie oft wir in der Arbeit in meinen Seminaren solche Muster finden. Und zum anderen erfordert es eine größere Portion Bewusstheit, um solche Muster überhaupt nur zu enttarnen, zur Lösung ist es dann nochmal ein ganzes Stück. Um solche unterbewussten Absichten und die daraus folgenden Auseinandersetzungen wenigstens im Nachhinein zu enttarnen, ist es wichtig, sich das Streitgespräch nochmal im Nachhinein kritisch anzuschauen.
Bleib in der Analyse assoziiert
Bei Methoden wie der gewaltfreien Kommunikation und anderen therapeutischen Ansätzen wird gerne empfohlen, sich in eine Metaposition zu begeben. Dann würden sich beide Beteiligten dissoziieren und über das Gespräch reden. Ich halte das nicht für die geeignete Lösung. Um Muster zu finden, müssen sich beide assoziiert in den Konflikt begeben, sie dürfen nochmal fühlen, was sie gefühlt haben und der andere darf sich emphatisch in die Perspektive seines Gegenübers hineinversetzen, wenn das irgendwie möglich ist. Aus dieser Perspektive lässt sich die Reaktion des anderen viel besser erklären, verstehen und dann können gemeinsam die Muster enttarnt werden, wenn beide bereit sind offen zu sprechen, wozu es in meiner kleinen Welt eh keine Alternative gibt.
Wir dürfen unsere Gefühle kennen- und am besten gleich lieben lernen, denn sie sind ja die verlässlichen Begleiter bei der Konfliktbewältigung. Warum ist das so? Wir haben unterbewusste Absichten und die führen zu dem Konflikt. Unterbewusst meint hier nicht, dass ich die nicht enttarnen oder erkennen kann, es meint nur, dass die mir in der Konfliktsituation nicht bewusst sind. Also darfst Du lernen, immer bewusster wahrzunehmen, wie Du Dich fühlst und dann herausfinden, was Du willst.
Absichtlich kommunizieren
Wenn Du lernst, bewusster durch Dein Leben zu gehen, wirst Du auch im Umgang mit anderen Menschen, vor allem mit denen, die Du regelmäßig triffst, Deine Absichten schneller erkennen können. Da könnte etwa in einer Situation langsam oder auch schnell ein Gefühl von Wut in Dir aufsteigen. Dieses Mal lässt Du sie nicht unkontrolliert raus, Du hältst inne, fragst Dich selbst, worum es geht und findest mit ein bisschen Übung die unterbewusste Absicht. Was wäre, wenn Du dann klar und deutlich genau diese offenlegst. Okay, Dein Unterbewusstsein wird das nicht witzig finden. Es hat ja zu einem bestimmten Zeitpunkt in Deinem Leben gelernt, dass man die Absicht genau nicht kundtut, sondern viel besser auf indirektem Weg zu seinem Ziel kommt. Du drehst also jetzt als Erwachsener diesen Prozess genau um, kommst von der Kommunikation über Bande, wie ich das nenne, wieder zurück zu der absichtsvollen, bewussten Kommunikation.
Ich konnte das mal bei mir sehr schön beobachten: Ich ging von der Arbeit nach Hause und war merkte zunächst nur, wie mit jedem Meter, den das Zuhause näher kam, ein ungutes Gefühl in mir aufstieg. Es ging so in die Richtung von – genauer konnte ich es nicht beschreiben – heute werde ich ihr mal tüchtig die Meinung sagen. Mir lief die sprichwörtliche Laus über die Leber und ich beobachtete sie auf ihrem Weg. Dann hielt ich inne und fragte mich, was meine Absicht sein könnte, wenn ich tatsächlich nach Hause kommen und Streit anfangen würde? Und da kam schnell die Einsicht, dass ich nach einem langen Seminartag einfach mal Zeit für mich brauchte. Ich wollte meine Ruhe haben und definitiv kein Gespräch über meinen Tag und die Teilnehmer und die Themen. Allein sein und für mich eine oder zwei Stunden haben, das war die unterbewusste Absicht.
Was wäre, wenn wir alle an einer solchen Stelle bewusst zu der Partnerin oder dem Partner sagen würden: „Ich bin leider etwas ausgepowert heute und bräuchte Zeit für mich. Ich wäre auch bereit, mit Dir Streit anzufangen, um diese Zeit für mich zu bekommen. Kann ich bitte eine Stunde für mich bekommen ohne Streit?“ Wenn der andere dann ein Gespräch darüber anfängt, wie doof er das findet, dass er noch länger auf dieses Gespräch über den Tag warten soll, hat er oder sie halt die Option Konflikt gewählt. Und das wird sicher auch wieder seine unterbewussten Absichten haben.
Viele Menschen erreichen durch Streit ihre Ziele
Vielleicht darf Dir klar werden, wie viele Menschen durch Streit ihre Absichten und Ziele erreichen. Wie oft weinen kleine Kinder, nur um in den Arm genommen zu werden. Und viele Eltern sind so unbewusst, dass sie es nicht merken oder sogar tatsächlich der Meinung sind, dass es Kind einen anderen Grund hat, um zu weinen. Gerade das Weinen eines anderen halten wir so gut wie nicht aus, wir fühlen uns genötigt etwas dagegen zu unternehmen. Kein Wunder also, dass Tränen dann später das Erpressungsmittel Nummer eins sind. Ich sage hier nicht, dass jeder erpressen will, der im Beisein eines anderen weint. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese Möglichkeit besteht. Wenn Du das bei Dir entdeckst, dass Du andere Menschen mit Deiner Heulerei erpresst, dann darfst Du einfach nur sehr gut aufpassen, wenn Du das nächste Mal in einer solchen Situation weinst.
Bewusstheit ist also gerade auch in Sachen Kommunikation das ultimative Hilfsmittel. Ohne – davon bin ich absolut überzeugt – geht es nicht voran, weil die Menschen dann nicht aus ihren eingefahrenen Schleifen kommen. Stell Dir vor, dass wir eines Tages nur noch absichtlich kommunizieren, unsere Ziele und Gefühle immer offenlegen, transparent sind für unser Gegenüber. Meiner Meinung nach ist das die Voraussetzung für telepathische Kommunikation, denn nur, wenn ich nichts verbergen muss vor einem anderen Menschen, kann ich ja ganz offen sein und damit senden und empfangen. Fang doch bitte heute damit an, vielleicht erst einmal mit den Menschen, die Du liebst, Deine Gefühle offenzulegen und auch Deine unterbewussten Absichten. Das ist eine Reise, die sicher nicht nur einen Tag dauert. Doch Deine Entscheidung dafür, ab sofort Deine Ängste zu überwinden und Dich offen zu zeigen, die kannst Du gleich jetzt treffen. Ich wünsche Dir den Mut dazu, denn ich kann Dir sagen, dass es das Leben so viel leichter macht, wenn Du so lernst zu kommunizieren.